Die Sage vom Wilden Mann - Wald
In der Gegend von
Wald und Roppen gab es einst Wilde Männer, die zwar selten mit
der kultivierten Bevölkerung im Verkehr standen, aber zuzeiten
sich ihr doch gutartig und hilfreich zeigten.
Eines Tages trieb ein Hirt im Dörfchen Wald seine Ziegen
auf eine felsige Anhöhe zur Weide; eine Ziege verstieg sich, der
Hirte kletterte ihr nach und hatte das Unglück, abzustürzen und
sein Leben zu beenden. Da brachte gegen Abend ein großer,
fremder, wild aussehender Mann die Herde getrieben, kam aber
selbst nicht in das Dorf herein, sondern harrte draußen, und so
auch beim Austrieb. Erst wunderten sich die Bewohner, dann
gewöhnten sie sich an den seltsamen Hirten, der nie eine Ziege
verlor, brachten ihm sein Essen hinaus, stellten es auf einen
Stein, wo er es abholte, und waren ganz wohl mit ihm zufrieden,
ohne seine nähere Bekanntschaft zu machen, zumal der seltsame
Hirte niemals Lohn heischte, was überall äußerst gern gesehen
wird. Dieses Verhältnis dauerte über zehn Jahre an, während
welcher Zeit der fremde Hirte mit keiner einheimischen Seele ein
Wort gewechselt hatte. Die Bewohner von Wald, die in der
Kleidung ihres Hirten endlich sehr bedenkliche und offenbare
Mangel erblickten, meinten nun doch, er habe einige
Kleidungsstücke wohl verdient, und beschlossen, ihn mit einem
neuen Gewande zu beglücken. Der Schneider des Ortes musste dies
nach dem Augenmaß fertigen, und eines Tages erfolgte nebst dem
Essen die Darbringung neuer Hemden, eines Hutes, einer Weste,
Joppe, Beinkleider, Strümpfe und derbsohliger Schuhe, worauf
sich in bescheidener Entfernung die Männer von Wald aufstellten,
um sich an der Freude zu ergötzen, welche der Wilde Mann äußern
werde über den neuen Anzug. Dieser kam, sah und stutzte, dann
fing er an, das neue Zeug allmählich an- und das alte abzulegen,
was ihm nach mehreren Versuchen auch ganz gut gelang. Er schien
sich auch mit vielem Vergnügen zu betrachten, endlich lief er
einen überlauten Juchzer erschallen und sang:
Und öz hab i mei
Vergnüg'n, und öz bin i a schöner Bua,
und öz hüet i nöt mehr
enkre Zieg'n, wo's an Hirt'n herkriegt's, schaut's halt zua!
Der Osterstein bei Arzl
Nördlich vom Dorfe Arzl im Oberinntal liegt der so genannte
Osterstein (Ostarstoan). Es ist ein freistehender massiger
Hügel, vorn felsig, rückwärts bewaldet, zu dessen Höhe ein Weg
hinaufführt. Oben befindet sich ein kleiner ebener Platz, mit
einer Steinterasse, welche der Hochosterstein heißt. Ringsum
liegen mehrere abgeplattete Steinblöcke (Ganden) zerstreut.
Der Ort gilt für unheimlich, weil einst Hexen hier ihr Unwesen
getrieben haben sollen. Weiter unten steht eine kleine Kapelle
mit dem Schutzpatron den heil. Magnus; östlich am Fuße des
Berges befindet sich der Sage nach ein verschüttetes Goldbrünnl.
Alljährlich am Veitstage (15. Juni), bevor man das Vieh zur Alpe
treibt, sowie auch bei Misswachs, geht eine Prozession um den
Osterstein.
Da sonst
keine religiöse Zeremonie daselbst allenfalls zu Ostern
stattfindet, von der der Hügel seinen interessanten Namen
entlehnt haben könnte, so ist mit Sicherheit anzunehmen, dass
wir in ihm eine alte Kultusstätte der deutschen Licht- und
Frühlingsgöttin Ostara zu suchen haben.
Scheibenschlagen – Arzl
Als am ersten Fastensonntag in Arzl in Oberinnthal Scheiben
geschlagen wurden, sah man sieben Teufel, die tanzend und
schreiend in den Wald sprangen. Es ist dies vor beiläufig 22
Jahren geschehen. (Arzl)
Der alte Advokat – Arzl
Zwischen Wenns und Pitzthal geistert es im Walde. Es geht
dort ein alter Advokat um, der den Wennsern die Alpe zu Gunsten
der Arzler "abdisputirt" hat, nachdem er die alten Briefe in
Imst verbrannt hat.
Pitzepütz, Habergais und Dilledeis – Arzl
In der Pitzeklamm hausten auch verschiedene Pütz – so die alte
Schreibung des Bachnamens – wie der „Bluatschink“ der die
vorwitzigen Kinder in die wildrauschenden Fluten des Baches
locke. Die Sagen von der Habergais (dem Unglück verheißenden
Geschrei des Käuzchens in der nähe der Gehöfte) und dem
Dilledeis (einem spukhaften Hausgeiste) dürften wohl auch
Anklänge an den Glauben der heidnischen Vorfahren enthalten.
Saltthon – Timmls
Ein Bauer von Arzl im Oberinnthal
ging einmal in den Wald, um Kienholz zu machen. Dort fand er
aber einen so harten Zunderstock, daß es ihn viel Mühe kostete,
ihn zu "klieben". Als er mit dieser Arbeit beschäftigt war, kam
eine Fanga daher und fragte den Bauer: "Wie heißest du?" Da
antwortete der Bauer dem Waldweibe: "Saltthon." Da sprach die
Fanga freudig: "Jetzt bekomm ich einmal Menschenfleisch, das
soll mir schmecken." Darauf sagte der Bauer, der ein pfiffiger
Kauz war: "Du wirst mich aber nicht roh essen; wenn das Fleisch
schmecken soll, muß es gebraten sein." Nun fragte die Fanga:
"Wie geht denn das?" Da erwiderte der Bauer: "Du mußt zuerst
diesen Zunderstamm "klieben", ihn dann anzünden und dann kannst
du mich am Feuer braten. Fahr nur mit deinen starken Händen
hinein und reiß den Stock auseinander." Das that das Waldweib
und griff in die Spalte hinein. Der Bauer zog aber stracks den
hineingeschlagenen Keil heraus und die Fanga war nun
eingeklemmt. Wie sie sich so überlistet und gefangen sah, fing
sie an zu schreien und um Hilfe zu rufen. Da kam der Waldmann so
herabgetümmelt (gelärmt), daß noch heutzutage der Ort Timmels
heißt, und rief: "Wer hat dir ein Leides gethan?" Antwortete die
Fanga: "Saltthon." Als der Waldmann dies hörte, war er unwillig
und rief: "Saltthon, saltg'litten!" Dann lief er davon und ließ
die Fanga im Stiche. Der Bauer kam nun mit heiler Haut nach
Hause, wagte sich aber nie mehr so hoch in den Wald hinauf. (Bei
Imst.)
Anmerkung:
Fanga, Fenke für Waldweib ist in Vorarlberg und Graubünden
gebräuchlich
"saltthon" Dialekt für "selbergetan"
Der Taschachputz - "Der Taschiputz"
Etwa um das Jahr
1480 herum soll die Gemeinde St. Leonhard in argen Geldnöten
gewesen sein. Trotzdem wollten sie eine Kapelle bauen. Um das
notwendige Geld aufzutreiben suchten sie bei der reichen
Gemeinde Arzl im vorderen Pitztal um einen Kredit an. Diese
liehen das Geld her, aber nur unter gewissen Bedingungen. So
sollte das Geld zu einem bestimmten Tag und zu einer bestimmten
Stunde zurückgebracht werden. Sollte dies nicht der Fall sein,
würde das gesamte Almgebiet im hintersten Pitztal an die
Gemeinde Arzl fallen.
Als nach Jahr und Tag ein
Gemeindebürger das Geld zurückbringen wollte, ließen sich die
Gemeindeoberen von Arzl verleugnen. So konnte das Geld nicht
rechtzeitig zurückgegeben werden.
Manche behaupten, der Bürgermeister von Arzl hätte die Uhr
sogar eigenhändig vorgestellt, damit der St. Leonharder Bote ja
zu spät komme.
Auf jeden Fall war ab nun das Almgebiet am
Fuße des Mittagskogels und weit hinauf bis zum Rifflsee im
Besitz der Arzler.
Zur Strafe wurde der Arzler Gemeindevorsteher nach seinem
Tod dazu verdammt, in der Heiligen Nacht heulend durch die
Kitzgartenschlucht bei Wiese Richtung Taschach zu gehen. Unter
dem Arm trägt er eine Schriftrolle. Sollte sie ihm jemand
wegnehmen, wäre er erlöst. Bis jetzt hat sich aber noch niemand
getraut, dies zu tun.
So spukt der Geist des Ortsvorstehers noch immer als
Taschachputz herum und bringt manchen Besucher der Taschachalm
zum Fürchten.